Badebetrieb im Zweiten Weltkrieg
„Um in jedem Falle die Aufrechterhaltung des Badebetriebes, der zur Gesunderhaltung und Widerstandskraft des deutschen Volkes dient, sicher zu stellen, bitte ich, falls Schwierigkeiten betreffs des Personals bestehen sollten, mir die Männer bzw. Frauen anzugeben, die in den Badeanstalten eingesetzt werden müssen […] damit eine evtl. notwendig werdende Freistellung erwirkt werden kann“
Mit diesem dringlichen Schreiben wandte sich der Kreissportreferent Skerra des Landkreises Hannover am 10. Mai 1944 an Heinrich Neelmeier, den Bürgermeister der Gemeinde Laatzen. Auch für die Jahre zuvor sind in der Akte mit dem Titel „Badeanstalt“ ähnliche Schriftwechsel belegt. Am 21. Mai 1942 argumentierte der Regierungspräsident in seinem Schreiben an die Landräte mit dem „Interesse der Gesunderhaltung der Bevölkerung, insbesondere der Jugend“. Demnach mussten „die in öffentlicher Hand befindlichen Freibadeanstalten und alle sonstigen Badegelegenheiten in diesem Sommer unter allen Umstände offen gehalten werden“. Ein Mangel an Personal könne „als Entschuldigung für ein Nichtoffenhalten nicht gelten“ gelassen werden. Neben der Gesunderhaltung kam vor dem Hintergrund steigender Kriegsmüdigkeit und der sich abzeichnenden Niederlage des Deutschen Reiches im Zweiten Weltkrieg im Mai 1944 nun auch noch die „Widerstandskraft des deutschen Volkes“ als Argument für die Aufrechterhaltung des Badebetriebs hinzu.
1932 wurde in Laatzen eine etwa 10.000 m2 große, in einer ehemaligen Tonkuhle befindliche, öffentliche Badeanstalt gebaut. Das Gelände im Fugenwinkel in der Masch wurde 1933 von Friedrich Riewe gepachtet. Es handelte sich um das Gewässer links vor dem Wiesendachhaus und lag etwa 600 Meter vom Dorf entfernt. Neben sechs Schwimmbahnen konnten die Laatzener auch eine Sprunganlage mit Einmeter- und Dreimeterbrett nutzen. Die Badeanlage im Fugenwinkel war allerdings nicht die erste in Laatzen. Bereits 1924 wurde die Badeanstalt an der Leine (heute Bootshaus) erbaut. Im Rahmen der „Arbeitsschlacht“ wurde von den Nationalsozialisten Ende Juli 1934 in der Badeanstalt in der Masch ein „deutsches Strand- und Sportfest“ abgehalten. Der Erlös aus den Eintrittsgeldern kam der „Hitlerspende zur Beschaffung von Arbeit“ zugute.
Das einleitende Zitat deutet daraufhin, dass die Laatzener Badeanstalt nicht hauptamtlich besetzt war. Aus Personalmangel sollten geeignete Frauen und Männer neben ihrer eigentlichen Arbeit zusätzlich als Aufsicht im Freibad tätig sein. Abgesehen von dem Mangel an Aufsichtspersonal waren mögliche Luftangriffe eine drohende Gefahr für die Badegäste der Laatzener Badeanstalt. Ab März 1944 hatten die Alliierten die uneingeschränkte Luftherrschaft über Deutschland. Daher mussten Freibäder „Luftschutzmaßnahmen“ treffen und „Luftlagemeldungen“ erhalten. Grundsätzlich seien „bei öffentlicher Luftwarnung und bei Voralarm sowohl Bäder als auch Liegewiesen sofort freizumachen“.
In seinem Schreiben vom 31. Mai 1944 an den Kreissportreferenten Skerra ging der Laatzener Bürgermeister Heinrich Neelmeier auf den Personalmangel ein. Demnach sei „der Bademeister unserer Gemeinde […] seit mehreren Monaten zur Wehrmacht eingezogen“. Eine Ersatzkraft konnte bis dato nicht gefunden werden, da „alle einigermassen brauchbaren Männer und Frauen, die sich zur Aufsicht eignen, […] bis spät in Arbeit“ standen. Augenblicklich würden „hunderte von Laatzenern dort baden, ohne Aufsicht“. Lediglich ein älterer Platzmeister, der hinweist, dass das Baden auf eigene Gefahr geschieht, sei vor Ort. Bürgermeister Neelmeier war der Meinung, dass es richtiger sei, „stillschweigend das Baden in der Badeanstalt zu dulden, als durch ein Verbot die Badenden zur Benutzung der Tonkuhlen und der Leine, die viel gefährlicher sind, zu veranlassen“. Zum Abschluss seines Schreibens wies der Laatzener Bürgermeister erneut auf den Personalmangel hin – verbunden mit Kritik an dem Kreissportreferenten des Landkreises Hannover: „Rein gefühlsmässig stehe ich auf dem Standpunkt, daß man heute nicht einen Wehrmachtssoldaten reklamieren kann, um den Badebetrieb zu beaufsichtigen, wenn auf der anderen Seite mir in meiner Verwaltung noch nicht einmal das notwendigste Personal freigegeben werden kann“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte die Badeanlage im Fugenwinkel noch rund 25 Jahre für Spaß und Abkühlung bei der Laatzener Bevölkerung. Im Zuge der Eröffnung des neuen Hallen- und Freibades am Standort des aquaLaatziums im Jahre 1970 wurde der Schwimmbetrieb im Freibad in der Masch eingestellt.