Öffentliche Bekanntmachung - Allgemeinverfügung
Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme aufgrund von drei Kampfmittelverdachtspunkten im Stadtgebiet Laatzen
Die Stadt Laatzen erlässt aufgrund der §§ 1, 2, 17 Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG)[1] in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG)[2] und § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)[3] folgende Allgemeinverfügung:
1. Am Sonntag, den 05. März 2023, wird ab 7 Uhr für Teile der Stadt Laatzen ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot verhängt. Das Betretungs- und Aufenthaltsverbot gilt für die an dem Tag eingerichtete Sperrzone. Die Sperrzone misst einen Radius von jeweils 1.000 Metern um die Fundorte der Kampfmittelverdachtspunkte. Die Kampfmittelverdachtspunkte und die Sperrzone sind der Anlage der Allgemeinverfügung zu entnehmen, welche Bestandteil der Allgemeinverfügung ist.
In der Sperrzone ist insbesondere der Aufenthalt innerhalb und außerhalb von Gebäuden, sowie auf Straßen, Wegen und Plätzen verboten.
Das Betretungs- und Aufenthaltsverbot gilt nicht für an der Evakuierung und Entschärfung beteiligten Personen, sowie für Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr und des Rettungsdienstes in Absprache mit der Einsatzleitung oder mit der Einsatzleitung beauftragten Personen.
2. Die sofortige Vollziehung der Nummer 1 dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet.
3. Sofern der Allgemeinverfügung zu Nummer 1 nicht nachgekommen wird, wird das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs angedroht.
4. Der Abschluss der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme und die Aufhebung der Sperrzone wird auf der offiziellen Internetseite der Stadt Laatzen (https://www.laatzen.de/), auf den offiziellen sozialen Netzwerken der Stadt Laatzen sowie über die Warnapp KATWARN bekanntgegeben.
5. Diese Allgemeinverfügung gilt mit dem auf ihre Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben. Nach der Bekanntgabe der Aufhebung der Sperrzone gemäß Nummer 4 tritt die Allgemeinverfügung außer Kraft.
Begründung:
Zu Nr. 1:
Bei Sondierungsarbeiten auf der Erich-Panitz-Straße in Laatzen, auf der Bundesstraße 443 sowie in der Straße Debberode wurden durch Luftbildauswertungen des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Niedersachsen mehrere Objekte im Erdreich ausfindig gemacht. Die Objekte weisen von ihrer Art und ihrem Ausmaß die Eigenschaft von Fliegerbomben auf, welche nach dem Abwurf im zweiten Weltkrieg nicht detoniert zu sein scheinen, sodass die Objekte insgesamt als Kampfmittelverdachtspunkte einzustufen und als Kampfmittel zu bergen sind.
Grundlage für den Erlass des Betretungs- und Aufenthaltsverbots der Allgemeinverfügung ist § 17 Abs. 1, 2 NPOG. Für die Erteilung eines Betretungs- und Aufenthaltsverbots und den Erlass dieser Allgemeinverfügung ist die Stadt Laatzen nach §§ 97 Abs. 1 und 100 Abs. 1 NPOG zuständig. Nach § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG kann von der Durchführung einer Anhörung nach § 28 Abs. 1 VwVfG abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn die Behörde eine Allgemeinverfügung erlassen will. Mit der Allgemeinverfügung soll eine Mehrzahl von Adressaten erreicht werden, welche u.a. Ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort innerhalb der Sperrzone haben. Die Verfahrenspraxis gewährt es bei einer Sperrung und Räumung von Gebäuden wegen der Entschärfung eines Blindgängers von der Anhörung abzusehen.
Nach § 17 Abs. 1 NPOG können die Verwaltungsbehörde und die Polizei zur Abwehr einer Gefahr jede Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. Soweit die Maßnahme eine Wohnung betrifft, ist sie gemäß § 17 Abs. 2 NPOG gegen den erkennbaren oder mutmaßlichen Willen der berechtigten Person nur zur Abwehr einer gegenwärtigen, erheblichen Gefahr zulässig. Danach sind Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Freiheit der Person zur Verhütung gegenwärtiger, erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zulässig.
Eine solche gegenwärtige, erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen liegt vor. Eine Gefahr liegt nach § 2 Nr. 1 NPOG vor, wenn eine Sachlage besteht, bei der die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Diese Gefahr ist nach § 2 Nr. 2 NPOG gegenwärtig, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in aller nächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Sie ist gemäß § 2 Nr. 3 NPOG erheblich, wenn Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte betroffen sein können.
Während des notwendigen Kampfmittelbeseitigungsvorgangs besteht die Gefahr der Explosion der Sprengkörper, die das Leben und die Gesundheit von Menschen innerhalb und außerhalb von baulichen Anlagen, sowie die Sicherheit von Gebäuden im Einwirkungsbereich einer Explosion der Sprengkörper erheblich gefährdet. Diese Gefahr erhöht sich, wenn durch den Kampfmittelbeseitigungsdienstes Niedersachsen festgestellt wird, dass nur eine Sprengung der Fliegerbombe in Betracht kommt. Die Sperrzone, die von einer möglichen Explosion betroffen sein könnte, wurde nach fachlicher Einschätzung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Niedersachsen in Abstimmung mit der Stadt Laatzen festgelegt. Die Räumung der Sperrzone ist daher zwingend notwendig, um die während der Maßnahmen drohenden Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen im Einwirkungsbereich abzuwenden.
Das der Stadt Laatzen obliegende Ermessen wurde nach § 40 VwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Mit der Räumung der Sperrzone wird das Ziel erreicht, das Leben und die Gesundheit der Menschen zu schützen. Die Anordnung der Räumung der Sperrzone ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die gegenwärtige, erhebliche Gefahr abzuwehren. Die Sperrzone wurde unter Berücksichtigung der möglichen Größe der Objekte und eines möglichen Einwirkungsbereiches im Falle einer Explosion durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst Niedersachsen ermittelt. Ein in gleicher Weise geeigneter Eingriff zur Abwehr der mit der Untersuchung der möglichen Sprengkörper verbundenen Gefahr, der mit einer geringeren Beeinträchtigung der Betroffenen verbunden wäre, ist nicht ersichtlich. Im Rahmen der gebotenen Abwägung kommt den zu schützenden Rechtsgütern wie die körperliche Unversehrtheit der in dem erwähnten Bereich mutmaßlich betroffenen Personen eine äußerst hohe Bedeutung zu, welche die Interessen dieser Personen am Verbleib in ihren Wohnungen oder am Aufenthalt im Räumungsbereich überwiegen. Daher verbleibt als geeignete Schutzmaßnahme nur das ausgesprochene Aufenthaltsverbot. Die Maßnahme findet nur während des Zeitraums des Kampfmittelbeseitigungsvorgangs statt und ist daher auch in zeitlicher Hinsicht verhältnismäßig.
Zu Nr. 2:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)[4] ist erforderlich, da eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung grundsätzlich aufschiebende Wirkung hätte. Im Falle der Klageerhebung kann mit der Räumung der in Nummer 1 festgelegten Sperrzone nicht bis zu einer Entscheidung über mögliche Rechtsbehelfe gewartet werden, da sich hierdurch die Abwendung der für die im betroffenen Bereich anwesenden Personen bestehende Gefahr während der notwendigen Entschärfung der Sprengkörper unverhältnismäßig verzögern würde. Hierdurch käme es zu einer Erhöhung des Gefährdungspotenziales für die Allgemeinheit und für die Rechtgüter der jeweils Betroffenen. Aus diesen Gründen ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse geboten, da hier der Schutz der Belange der Allgemeinheit die Interessen der einzelnen Betroffenen am Verbleib in dem gefährdeten Gebiet überwiegt.
Zu Nr. 3:
Nach §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 Nr. 3, 69 NPOG sind die Verwaltungsbehörden und die Polizei berechtigt, die Regelung dieser Allgemeinverfügung mittels Zwangsmitteln durchzusetzen, wenn die Allgemeinverfügung unanfechtbar geworden ist oder ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Die Androhung des unmittelbaren Zwangs erfolgt auf Grund §§ 70, 74 NPOG. Die Anwendung anderer Zwangsmittel lassen keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erkennen. Insbesondere würde die Durchsetzung im Wege des Zwangsgeldes zu einer nicht hinnehmbaren Verzögerung der Entschärfung führen. Somit liegt ein im geringeren Maße beeinträchtigendes, gleich wirksames Zwangsmittel nicht vor und die Anwendung des unmittelbaren Zwangs ist verhältnismäßig.
Zu Nr. 4:
Der offizielle Abschluss der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme und die Aufhebung der Sperrzone kann vor dem Erlass der Allgemeinverfügung und mit in Kraft treten dieser nicht vorhergesagt werden. Der Umfang der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme ist erst im Laufe des Tages, am 05. März 2023, bestimmbar. Aus diesem Grund erfolgt die Bekanntgabe mit Abschlusses der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme sowie die Aufhebung der Sperrzone auf der offiziellen Internetseite der Stadt Laatzen (https://www.laatzen.de/), auf den offiziellen sozialen Netzwerken der Stadt Laatzen sowie über die Warnapp KATWARN.
Zu Nr. 5:
Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben (§§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 43 Abs. 1, 41 Abs. 4 VwVfG). Sie tritt nach der Bekanntgabe über den Abschluss der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme sowie der Aufhebung der Sperrzone gemäß Nummer 4 außer Kraft.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstr. 15, 30175 Hannover, erhoben werden.
Hinweise:
Während der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme wird für die Bewohnenden der Sperrzone, die keine andere Aufenthaltsmöglichkeit haben, folgende Anschrift als Aufenthaltsmöglichkeit zur Verfügung gestellt:
Nebenstelle der IGS Kronsberg (Blaue Schule)
Friedrich-Wulfert-Platz 1
30539 Hannover
Sollten Bewohnende von der Unterbringungsmöglichkeit Gebrauch machen und Haustiere mitbringen, so ist die Versorgung der Haustiere durch die haltenden Personen eigenverantwortlich sicherzustellen. Weitere und aktuelle Informationen sind auf der offiziellen Internetseite der Stadt Laatzen (https://www.laatzen.de/) abrufbar.
Auf Antrag kann das Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstr. 15, 30175 Hannover, die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen.
Die Zuwiderhandlung gegen das Betretungs- und Aufenthaltsverbot nach Nummer 1 der Allgemeinverfügung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, welche nach §§ 17, 49 a Abs. 1 S. 2 NPOG mit einer Geldbuße bis zu 5.000,00 € geahndet werden kann.
Im Auftrag
Osterwald
Laatzen, den 15.02.2023
322001
[1] Niedersächsisches Polizei und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) in der Fassung vom 19. Januar 2005 (Nds. GVBI. S. 9), zuletzt durch Gesetz geändert am 17. Dezember 2019 (Nds. GVBI. S. 428)
[2] Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) in der Fassung vom 03. Dezember 1976 (Nds. GVBI. S. 311), zuletzt durch Gesetz geändert am 22. September 2022 (Nds. GVBI. S. 589)
[3] Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt durch Gesetz geändert am 25. Juni 2021 (BGBI. I S. 2154)
[4] Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung vom 19. März 1991 (BGBI I S. 686) zuletzt durch Gesetz geändert am 08. Oktober 2021 (BGBI. I S. 4650)
Anlage: