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Brief handgeschrieben aus dem Archiv der Stadt Laatzen.

Flüchtlingsbetreuung in Grasdorf

„Mein letzter Wohnort – Gollnow/Pom[mern] – liegt in der an Polen abgetretenen Zone. Meine Ehefrau ist im Juni dieses Jahres ein Opfer der Krieger geworden. Meine Eltern ziehen heimatlos in der von den Russen besetzten Zone umher.“

Mehrere Millionen Deutsche mussten während des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat verlassen, um der Zerstörung ihrer Wohnungen und Städte durch die Bombenangriffe der Alliierten zu entgehen. Erste Evakuierungen hatte es bereits 1939 gegeben, in den folgenden Monaten und Jahren wurden Menschen unter bedrückenden Umständen hin- und hergeschoben, ehe man in der letzten Phase des Krieges in fast allen Regionen Deutschlands Evakuierten begegnen konnte. Die Situation verschärfte sich mit der Fluchtbewegung aus den deutschen Ostgebieten weiter. Die mehr als zwölf Millionen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen stellten „die größte und gewaltsamste Bevölkerungsverschiebung in Europa und den größten demographischen Umbruch in Deutschland in der neueren Geschichte dar“.1

Auch in Grasdorf wurden zahlreiche Evakuierte und Flüchtlinge untergebracht. Die Registrierung und Unterbringung der Flüchtlinge war eine große Herausforderung für die Grasdorfer Gemeindeverwaltung, wie das Archivale des Monats Mai zeigt. In der Akte mit dem Titel „Flüchtlingsbetreuung Grasdorf“ finden sich diverse Unterlagen zu Flüchtlingen, etwa Flüchtlingsmeldescheine, Flüchtlingsregistrierungskarten, Flüchtlingslisten und vor allem Anträge auf Zuzugsgenehmigung und die entsprechende Genehmigung oder Ablehnung. In der Begründung der Anträge zeigen sich die teils dramatischen Umstände, mit denen die Flüchtlinge nach Kriegsende konfrontiert wurden.

Der aus Pommern stammende K. F. war zunächst in Kriegsgefangenschaft, seine Heimatstadt wurde in der Zwischenzeit von Polen besetzt und seine Ehefrau wurde ein „Opfer der Krieger“. Ob sie geschlagen, vergewaltigt oder gar getötet wurde, lässt der Antragsteller offen. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft und der Flucht in den Westen fand F. beim Zimmermeister Friedrich Flohr in Grasdorf eine Anstellung als Zimmermann. Zudem hatte er bereits eine Unterkunft in der Hildesheimer Straße gefunden. Da an eine Rückkehr nach Pommern nicht zu denken war, beantragte K. F. im November 1945 eine Zuzugsgenehmigung in die Gemeinde Grasdorf. Wenige Tage später stimmte der Grasdorfer Bürgermeister Fritz Diers dem Antrag zu und forderte beim Landrat des Kreises Hannover in Ronnenberg eine Anrechnung auf die Flüchtlingsquote an. Der Landrat lehnte ab. Da der Flüchtling bereits seit Juli 1945 in Grasdorf arbeitete, konnte eine Anrechnung auf das Flüchtlingssoll nicht erfolgen. K. F. wird dies egal gewesen sein – er bekam wie viele andere Evakuierte und Flüchtlinge in Grasdorf die Chance auf ein neues Leben.

1 Andreas Wirsching: Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert. München 2011, S. 87.

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