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Ein Mann steht neben einem Metallregal und hält eine Papiermappe mit Unterlagen in den Händen.

Nachweis der arischen Abstammung für Gemeindebeamte

"Ariernachweis" musste auch in Laatzen erbracht werden.

„Soweit noch nicht geschehen, hat jeder noch einzuweisende Gemeindevorsteher und Beigeordneter unverzüglich den Nachweis zu erbringen, dass er und seine Ehefrau arischer Abstammung ist“

Der sogenannte „Ariernachweis“ war im nationalsozialistischen Deutschland von 1933 bis 1945 ein von der Regierung geforderter Nachweis einer „rein arischen Abstammung“. Den Nachweis mussten bestimmte Personengruppen erbringen, darunter auch Beamte in Kommunalverwaltungen. Grundlage für den Ariernachweis bildete das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 sowie weitere darauf fußende Gesetze. Es war das erste rassisch begründete Gesetz im Deutschen Reich seit 1871 und setzte den Startpunkt für die Ausgrenzung von „Nichtariern“ aus der deutschen „Volksgemeinschaft“.

Die Beamten der Gemeinde Laatzen mussten den „Kleinen Ariernachweis“ erbringen. Bewerber für die SS mussten einen „Großen Ariernachweis“ vorlegen. Dies bedeutete einen Nachweis der „rein arischen“ Abstammung bis 1750 zurück. In seinem Schreiben an sämtliche Gemeindebehörden im Kreis Hannover vom 3. September 1933 erläuterte der Landrat Freiherr Hans von Oldershausen, was die Voraussetzung für eine Beschäftigung als Beamter war und was die Betroffenen als „Kleinen Ariernachweis“ vorlegen mussten. Demnach „darf nicht als Reichsbeamter berufen werden, wer nicht arischer Abstammung oder mit einer Person nicht arischer Abstammung verheiratet ist“.

In dem Schreiben, das sich im Folgenden auf die Richtlinien des Reichsministers des Innern vom 8.8.1933 bezieht, zeigte sich die Willkür einer rassischen Definition von „Jude“ oder „Nichtarier“: „Als nicht arisch gilt, wer von nicht arischen, insbesondere jüdischen Eltern oder Grosseltern abstammt. Es genügt, wenn ein Elternteil oder ein Grosselternteil nicht arisch ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Elternteil oder ein Grosselternteil der jüdischen Religion angehört hat.“ Noch unverheiratete Beamte mussten sich zweimal überlegen, mit wem sie den Bund der Ehe eingehen wollten, denn: „Jeder Beamte, der eine Ehe eingehen will, hat nachzuweisen, dass die Person, mit der er die Ehe eingehen will, arischer Abstammung ist“. Der Nachweis war durch die Vorlegung von Urkunden zu erbringen. Konkret musste der Beamte die eigene Geburtsurkunde und die Heiratsurkunde seiner Eltern sowie die Geburtsurkunde seiner Ehefrau und die Heiratsurkunde von deren Eltern vorlegen. Die Urkunden mussten von Pastoren, Standesbeamten oder Archivaren offiziell beglaubigt worden sein. Da im Deutschen Reich insgesamt rund zwei Millionen Angehörige der öffentlichen Verwaltung nach Beweisen ihrer arischen Abstammung suchten, entstand eine umfangreiche Bürokratie.

In Laatzen mussten drei Beamte den Ariernachweis erbringen. Der Gemeindevorsteher Heinrich Neelmeier sowie die beiden Beigeordneten Gustav Strate und Erich Tietz. Sämtliche angeforderte Urkunden wurden an den Landrat in Hannover zurückgeschickt. In einem Schreiben vom 30. Oktober 1933 hieß es, dass „an der arischen Abstammung der nachstehend aufgeführten Personen […] keine Zweifel [bestehen]“. Der Ariernachweis wurde offensichtlich akzeptiert und die Beamten durften im Dienst der Gemeinde bleiben. Heinrich Neelmeier blieb gar bis 1945 Bürgermeister der Gemeinde Laatzen. Später zog er zurück in seine Heimat im Kreis Rinteln. Er starb 1960 mit 62 Jahren in der Gemeinde Hohenrode.

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