zur Schlagwortwolke
Aufmarsch von vielen Männern mit NSDAP Uniformen

Der Laatzener NS-Bürgermeister Heinrich Neelmeier

„Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß Laatzen bis 1933 politisch fest in den Händen der SPD geblieben ist und die NSDAP nur sehr schwer Fuß fassen konnte. Bis 1936 ist es der Partei schließlich gelungen, das ehemals ‚rote‘ Laatzen auf nationalsozialistischen Kurs zu bringen. Treibende Kraft dabei war der ‚rührige‘ Bürgermeister und Ortsgruppenleiter Neelmeier.“

In einigen der vergangenen Archivfunde des Monats sind wir immer wieder auf den Laatzener Bürgermeister und NSDAP-Ortsgruppenleiter Heinrich Neelmeier gestoßen. Vor 90 Jahren – am 28. Juni 1933 – wurde Heinrich Neelmeier als Bürgermeister der Gemeinde Laatzen eingesetzt. Zu diesem Anlass soll in diesem Archivale des Monats der Versuch unternommen werden, einige offene Fragen in Bezug auf die Person Heinrich Neelmeier zu klären. Heinrich Neelmeier war anders als viele seiner Vorgänger und Nachfolger als Bürgermeister kein gebürtiger Laatzener. Er wurde als Heinrich August Wilhelm Neelmeier am 04.01.1898 in Strücken geboren. Die ehemals eigenständige Gemeinde ist heute ein Ortsteil der Stadt Rinteln im Landkreis Schaumburg. Seine Eltern, Friedrich August Neelmeier und Caroline Wilhelmine Friederike Neelmeier geb. Bünte, wohnten in Strücken Nr. 18.

Wie kam es nun, dass der Strückener Heinrich Neelmeier als junger Mann in die rund 70km entfernte Gemeinde Laatzen zog? Darüber lässt sich leider nur spekulieren. Möglicherweise waren es berufliche Gründe, denn Heinrich Neelmeier war laut seiner Eheurkunde Kaufmann. Fakt ist allerdings auch, dass es eine familiäre Verbindung nach Laatzen gab. Sein Onkel, der Ziegeleiarbeiter Heinrich Wilhelm Neelmeier, geboren am 28.10.1864 in Strücken, lebte mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern seit den 1890er Jahren in Laatzen.

Den Laatzener Meldebüchern ist zu entnehmen, dass der spätere Bürgermeister Heinrich August Wilhelm Neelmeier zunächst in Hannover lebte, bevor er am 13.03.1922 von dort nach Laatzen zog. Kurz darauf, am 26.08.1922 heiratete er mit 24 Jahren in Laatzen die damals 20-jährige Laatzenerin Else Sophie Marie Bornemann. Diese wurde am 06.03.1902 als Tochter des Bäckermeisters Karl Bornemann und der Johanne Bornemann geb. Pott in Laatzen geboren. In Laatzen blieb das frisch vermählte Paar allerdings nicht lange. Wenige Tage nach ihrer Hochzeit in Laatzen verzog das Ehepaar Neelmeier am 01.09.2022 in die Albertstraße 10 in Hannover-Linden. Dort wurden in den nächsten Jahren die beiden Kinder Karl-Heinz und Gisela geboren. Am 15.04.1926 zog es die Familie Neelmeier aus Hannover-Linden nach Laatzen zurück. Aus den Meldeunterlagen lässt sich ablesen, dass sie fortan in der Dorfstraße 21 (später Adolf-Hitler-Straße) lebten.

Das einleitende Zitat ist der ortshistorischen Schrift „Von Lathusen zu Laatzen. Beiträge zur Stadtgeschichte“ entnommen. Wie kam es dazu, dass der Stückener Heinrich August Neelmeier zum NSDAP-Ortsgruppenleiter, Laatzener Bürgermeister und zur treibenden Kraft wurde, die die einst „rote“ Gemeinde Laatzen auf den nationalsozialistischen Kurs brachte? Wie, wann und warum sich Heinrich Neelmeier auf die Ideologie des Nationalsozialismus einließ, lässt sich anhand der vorliegenden Quellen nicht mehr ermitteln. Zur offiziellen Gründung einer selbstständigen NSDAP-Ortsgruppe, zu der allerdings noch die Ortschaften Hemmingen und Wilkenburg gehörten, kam es in Laatzen am 01.07.1932. Bei der Gemeindewahl vom 12.03.1933 taucht Heinrich Neelmeier noch nicht auf dem Stimmzettel für die „Nationale Einheitsliste“ (Zusammenschluss der Kandidaten der bürgerlichen Parteien mit den Kandidaten der NSDAP) auf. Und auch in den Protokollen zu den Sitzungen des Gemeindeausschusses sucht man vor 1933 vergeblich nach Heinrich Neelmeier. Bei der Gemeindewahl im März 1933 blieb die SPD mit 49,5% die stärkste Kraft in Laatzen, die „Nationale Einheitsliste“ erhielt 46,3%. Mit Schreiben vom 11.04.1933 forderte der Oberpräsident der Provinz Hannover den Regierungspräsidenten auf, die Gemeindevorsteher von u.a. Laatzen abzusetzen. Gleichzeitig benannte er neue Gemeindevorsteher, die das Amt kommissarisch verwalten sollten. Für Laatzen war der Polizeihauptmeister a.D. Hasenbein aus Hannover vorgesehen. Offenbar hatte sich auf die Schnelle kein geeigneter Parteigenosse in Laatzen gefunden. Am 20. April 1933 war der neue Gemeindevorsteher im Amt.

In den Protokollen zu den Gemeindeausschusssitzungen taucht Heinrich Neelmeier erstmals am 03.05.1933 auf – dann allerdings direkt in bedeutender Rolle. Nachdem zunächst der neue Bürgermeister Hasenbein vorgestellt wurde, stand die Wahl der Beigeordneten an. Heinrich Neelmeier (1. Beigeordneter), Erich Tietz (2. Beigeordneter) und Gustav Strate (3. Beigeordneter) wurden durch Zuruf gewählt und nahmen die Wahl an. Anschließend wurden einige Straßennamen geändert. So wurde die Dorfstraße – in der Heinrich Neelmeier mit seiner Familie wohnte – in Adolf-Hitler-Straße und die Neue Straße in Hermann-Göring-Straße umbenannt. Am 28.06.1933 wurde der kommissarische Gemeindevorsteher Hasenbein ersetzt – denn nun war ein geeigneter NSDAP-Parteigenosse in Laatzen gefunden. Heinrich Neelmeier, mittlerweile auch Leiter der NSDAP-Ortsgruppe Laatzen, wurde Bürgermeister der Gemeinde Laatzen.

In den nächsten knapp zwölf Jahren taucht Heinrich Neelmeier als Absender und Empfänger vieler im Laatzener Stadtarchiv archivierten Schreiben auf. Vieles deutet daraufhin, dass er ein strammer Nationalsozialist war, andernfalls hätte er sich vermutlich nicht während der ganzen Zeit des Dritten Reiches im Amt halten können. Viel mehr ist über das politische und administrative Wirken des Laatzener NS-Bürgermeisters allerdings nicht bekannt. Am 01.10.1941 zog er mit seiner Familie innerhalb Laatzens von der Adolf-Hitler-Straße 21 in den Marktplatz 4 um. In den Gemeinderatsprotokollen taucht Heinrich Neelmeier letztmals am 24.12.1944 auf. Darin ging es lediglich um die Organisation der Weihnachtsfeier der Gemeinde Laatzen. Der Gemeinderat tagte erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges am 20.06.1945 wieder. Die Leitung der Sitzung übernahm der Stellvertretende Bürgermeister Fritz Bock. Zu diesem Zeitpunkt war Heinrich Neelmeier schon nicht mehr in Laatzen, er setzte sich vor dem Einmarsch der Amerikaner in seine Heimat ab. Laut Meldekarte verzog die Familie Neelmeier am 27.03.1945 nach Strücken Nr. 18 – Heinrich Neelmeiers Elternhaus. Später zogen sie einige Kilometer weiter in die Nachbarortschaft Hohenrode. Dort starb Heinrich August Wilhelm Neelmeier am 18.08.1960 im Alter von 62 Jahren in seiner Wohnung. Seine Witwe Else Sophie Marie Neelmeier geb. Bornemann überlebte ihren Mann um fast 32 Jahre. Sie starb am 27.06.1992 im Alter von 90 Jahren in Rinteln.

  • Männergesangsverein Grasdorf

    140 Jahre Gesangsgechichte in Grasdorf

    „Die Gesangsübungen geschehen vorläufig zweimal in der Woche, abends von 7 ½ bis 9 ½ Uhr. Jedes Mitglied hat sich rechtzeitig einzufinden. Zuspätkommen wird mit 5 Pfg., gänzliches Fehlen mit 10 Pfg. bestraft, ...
    [mehr]

  • Der Besuch des Bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß in Laatzen

    „Eine lebende Legende im Wahlkampf für Gansäuer“

    „Eine lebende Legende im Wahlkampf für Gansäuer“ – so titelte das Amtliche Mitteilungsblatt „Unsere Stadt“ in der Ausgabe vom 11. Juni 1986 über den Besuch des CSU-Vorsitzenden und Bayerischen ...
    [mehr]

  • Ausgliederung von Gebietsteilen der Stadt Laatzen nach Hannover

    „Durch die Ausgliederung des Messegeländes und die in ihrem Bereich liegenden gewerblichen Einrichtungen wird der Stadt Laatzen das Kernstück ihrer finanziellen Kraft genommen. Bei ersatzlosem Wegfall des Steueraufkommens wird die ...
    [mehr]

  • Der Laatzener NS-Bürgermeister Heinrich Neelmeier

    „Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß Laatzen bis 1933 politisch fest in den Händen der SPD geblieben ist und die NSDAP nur sehr schwer Fuß fassen konnte. Bis 1936 ist es der Partei schließlich gelungen, das ehemals ...
    [mehr]

  • Laatzen wird Stadt

    Stadtwerdung Laatzens mit seinen Ortsteilen

    „Des Bürgers Wohl sei oberstes Gesetz. Geht dir der Rat aus, dann geh ins Rathaus“ Mit diesem auf dem Rathaus der Stadt Freiburg stehenden Spruch übergab der Niedersächsische Innenminister Richard Lehners dem Laatzener ...
    [mehr]

  • Die Arbeitsschlacht 1933/1934 in Laatzen

    Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit durch die Nationalsozialisten

    „Die Gemeinde Laatzen befindet sich in einer ausserordentlich schlechten finanziellen Lage, welche insbesondere dadurch hervorgerufen ist, dass alle im Gemeindebezirk befindlichen industriellen Betriebe, die als Arbeitgeber für eine ...
    [mehr]

  • Nachweis der arischen Abstammung für Gemeindebeamte

    "Ariernachweis" musste auch in Laatzen erbracht werden.

    „Soweit noch nicht geschehen, hat jeder noch einzuweisende Gemeindevorsteher und Beigeordneter unverzüglich den Nachweis zu erbringen, dass er und seine Ehefrau arischer Abstammung ist“ Der sogenannte „Ariernachweis“ war ...
    [mehr]

  • Geschwindigkeitsbeschränkungen im 19. Jahrhundert

    „Es ist hier Beschwerde darüber geführt worden, daß Motorwagen im hiesigen Kreise in viel zu schnellem Tempo auf den Straßen fahren, speziell auch innerhalb der einzelnen Ortschaften und so Menschen gefährden.“ ...
    [mehr]

  • Der Anschlag auf das Verlagsgebäude des amtlichen Mitteilungsblattes „Unsere Stadt“

    „Es ist bezeichnend, daß die Täter ganz offensichtlich nicht in der Lage sind, gegen die SPD sachliche Argumente vorzubringen, sondern statt dessen heimtückische Anschläge verüben. Ja sogar die Sippenhaftung, wie das ...
    [mehr]

  • Die Schlacht um Stalingrad und die Gefallenen der Gemeinde Laatzen im Zweiten Weltkrieg

    Briefe geben Auskunft

    „Seien Sie tapfer, denn ich habe heute die ernste Pflicht, Ihnen mitzuteilen, daß Ihr lieber Mann, der Gefreite A., heute früh durch Granatsplitter den Heldentod für Führer, Volk und Vaterland gefunden hat.“ In ...
    [mehr]