zur Schlagwortwolke
Historisches Dokument

Eine Auseinandersetzung des Braumeisters Böhme mit der Gemeinde Laatzen – oder: „Das Leiden der Pfanne“

Archivfund April 2021

„Aller dieser Reparaturen ohnerachtet war dem Übel, ‚das Leiden der Pfanne‘, nicht abgeholfen und dauerte unaufhörlich bis in diesem Jahre 1829 fort, wo es sich denn endlich die Gemeinde angelegen seyn ließ, die Pfanne einer Hauptreparatur zu unterziehen“

Bei der kaputten Pfanne handelte es sich um eine sogenannte Braupfanne – regional unterschiedlich auch Würzepfanne, Sudpfanne, Braukessel oder Sudkessel genannt. Diese technische Anlage spielte beim Prozess des Bierbrauens eine elementare Rolle. Mit einer undichten Braupfanne ging ein Verlust des Bieres einher. Der Laatzener Braumeister Böhme wandte sich erstmals 1822 mit der Bitte an die Gemeinde Laatzen, die undichte Braupfanne zu reparieren. Der zwischen dem Braumeister und der Gemeinde geschlossene Vertrag verpflichtete Letztere dazu, die Braupfanne stets im einwandfreien Zustand zu erhalten und die erforderlichen Reparaturen aus ihren Mitteln zu bezahlen.

Leider schweigt das Schriftstück zu der offensichtlichen Frage, wieso die Reparatur der Braupfanne in der Verantwortung der Gemeinde Laatzen lag. Eine mögliche Antwort erschließt sich bei einem kurzen Exkurs in die Geschichte des Bieres: Im Frühmittelalter gehörte das Braurecht zu den Vorrechten der Grund- oder Landesherrschaft. Seit dem Hochmittelalter (Anfang/Mitte des 11. Jahrhunderts) ging das Braurecht größtenteils auf die Städte und Dörfer über. In den folgenden Jahrhunderten wurden fast überall Produktions- und Verkaufssteuern auf Bier erhoben. Aufgrund des hohen Bierkonsums war die „Biersteuer“ für den städtischen Fiskus äußert lukrativ. Der Bierkonsum war auch deshalb Anfang des 19. Jahrhunderts sehr hoch, da Bier zu den wichtigsten Getränken überhaupt gehörte und oftmals das damals noch unsaubere Wasser in den Städten und Dörfern ersetzte.

Als Gegenleistung für die an sie abgeführte „Biersteuer“ war die Gemeinde Laatzen möglicherweise dafür verantwortlich, dass die technischen Anlagen, die dem Bierbrauer sein Handwerk ermöglichten, instandgehalten und wenn nötig repariert wurden. Dem hier vorgestellten Schreiben vom 12. Mai 1829 ist zu entnehmen, dass sich die Gemeinde Laatzen erst nach mehrmaligen Aufforderungen – und selbst dann wohl mehr schlecht als recht – um die Reparatur der Braupfanne kümmerte. Ein Teil des Bieres ging nach wie vor verloren. Erst 1829 – acht Jahre und einige weitere erfolglose Reparaturen später – ließ die Gemeinde Laatzen die Braupfanne in Hannover von einem Kupferschmiedemeister reparieren. Braumeister Böhme stellte der Gemeinde Laatzen den Verlust durch die undichte Braupfanne in Rechnung – auf den Kosten wollte er schließlich nicht sitzen bleiben. In der Rechnung wird der jährliche Schaden durch den Verlust des Bieres aufgeschlüsselt. Unterm Strich verlangt der Braumeister von der Gemeinde 170 Reichstaler als Entschädigung, wobei er, wie er gegen Ende seines Schreibens angibt, auch noch mehr hätte verlangen können.

  • Die Ortsbesichtigung in Ingeln 1902

    „Bei Gelegenheit der neuerdings durch den Herrn Kreisarzt Dr. Becker vorgenommenen Ortsbesichtigung in Ingeln hat sich ergeben, daß zahlreiche Mist- und Dungstätten insofern in mangelhaftem Zustande sich befinden, als bei denselben ...
    [mehr]

  • Gedenkorte in Laatzen

    Das Ehrenmal in Gleidingen

    Am zweiten Sonntag vor dem 1. Advent finden in Laatzen (und in vielen anderen Städten und Gemeinden in Deutschland) anlässlich des Volkstrauertages seit vielen Jahren öffentliche Gedenkveranstaltungen statt. 2020 und 2021 verzichtete ...
    [mehr]

  • Die tödlichen Folgen des „Fringsen“

    „Trotzdem mein Mann nie abends fortgegangen ist, sagte er mir am gestrigen Abend, dass er die Absicht habe, bis zum Güterbahnhof zu gehen, um evtl. etwas Kohle zu beschaffen. Etwa um 23.00 Uhr verliess er die Wohnung und ist nicht mehr ...
    [mehr]

  • Die Hungerkrise nach dem Zweiten Weltkrieg

    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Probleme des täglichen Überlebens zu einer prägenden und kollektiven Grunderfahrung eines großen Teils der deutschen Bevölkerung. Mit der Wohnungsnot haben wir uns in dem Archivfund des ...
    [mehr]

  • Badebetrieb im Zweiten Weltkrieg

    „Um in jedem Falle die Aufrechterhaltung des Badebetriebes, der zur Gesunderhaltung und Widerstandskraft des deutschen Volkes dient, sicher zu stellen, bitte ich, falls Schwierigkeiten betreffs des Personals bestehen sollten, mir die ...
    [mehr]

  • Impfungen und Infektionsschutz in der Nachkriegszeit in Oesselse

    Die Schüler sind im Unterricht auf die Notwendigkeit allgemeiner und körperlicher Hygiene wiederholt hinzuweisen (z.B. gründliches Händewaschen nach jeder verrichteten Notdurft und vor jedem Essen; Genuss nur gewaschenen Obstes ...
    [mehr]

  • Archivpflege im Dritten Reich

    Ausblick auf die Archivlandschaft in Niedersachsen

    „Der Landkreis Hannover beabsichtigt, über alle in den Gemeinden lagernden alten Akten und Urkunden ein Verzeichnis aufzustellen. Dabei kommen Schriftstücke jeder Art in Betracht, die Auskunft geben über das Leben und Treiben ...
    [mehr]

  • Flüchtlingsbetreuung in Grasdorf

    „Mein letzter Wohnort – Gollnow/Pom[mern] – liegt in der an Polen abgetretenen Zone. Meine Ehefrau ist im Juni dieses Jahres ein Opfer der Krieger geworden. Meine Eltern ziehen heimatlos in der von den Russen besetzten Zone ...
    [mehr]

  • Grundsteinlegung, Richtfest und Einweihung des Leine-Einkaufszentrums

    „Durch seine einzigartige Verbindung von Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungsbetrieben, Wohnungen, ergänzt durch kommunale Einrichtungen wie Rathaus und Bürgerhaus sowie Post und Heizwerk, entsteht an dieser Stelle ein neuer ...
    [mehr]

  • Verhandlungen über den Zusammenschluss der Gemeinden Laatzen und Grasdorf

    „Da unser Kreis durch die verschiedenen von der Stadt Hannover durchgeführten Eingemeindungen im Bestande und im Zusammenhange erheblich geschwächt ist, außerdem für die Vorortsgemeinden nach wie vor die Gefahr besteht von ...
    [mehr]