zur Schlagwortwolke
8 Archivale des Monats

Erfassung von Kriegspotential in Rethen

Akte aus dem Bestand Rethen „Angelegenheiten der Militärregierung“

„Sie werden hiermit beauftragt, eine genaue Meldung über sämtliches Kriegsmaterial in Ihrem Gebiet abzugeben.“

Als die deutsche Wehrmacht kapitulierte und der NS-Staat endgültig zusammenbrach, kam die „Stunde Null“. Deutschland wurde von den Siegermächten besetzt und in vier Zonen aufgeteilt. Große Teile des ehemaligen Preußen, darunter auch Rethen und die Provinz Hannover, wurden von Großbritannien verwaltet. Fast alle alten Strukturen waren zusammengebrochen, eine deutsche Nationalregierung gab es nicht mehr. Stattdessen war die Militärregierung für die Regierungsgeschäfte zuständig. Im Sommer 1945 wurde auf der Potsdamer Konferenz von den Siegermächten USA, Sowjetunion und Vereinigtes Königreich die politische und geografische Neuordnung Deutschlands festgeschrieben. Die politischen Grundprinzipien, die bei der Potsdamer Konferenz von den Alliierten verfolgt wurden, gingen als die vier großen „D“[1] in die Geschichtsbücher ein: Denazifizierung, Demokratisierung, Dezentralisierung und Demilitarisierung.

Vor allem die Demilitarisierung findet sich in dem heutigen Archivale des Monats wieder – eine Akte aus dem Bestand Rethen mit dem Titel „Angelegenheiten der Militärregierung“. Darin befinden sich zahlreiche Schreiben und Bekanntmachungen der britischen Militärregierung an die Kommunalverwaltungen im Besatzungsgebiet. Neben Suchaktionen nach vermissten Angehörigen nichtdeutscher Staatsbürger und der Feststellung von Vermögenswerten der früheren NS-Organisationen ging es darin auch um die Erfassung von Kriegsmaterial. Ziel der Demilitarisierung war es, jegliche deutsche Rüstungsindustrie abzubauen, damit von Deutschland keine Gefahr eines militärischen Angriffs mehr ausgehen konnte. Vor diesem Hintergrund ist die „Erklärung über das Kriegspotential“ zu sehen, die auch der Rethener Bürgermeister Walter Günther abgeben musste. Günther wurde im Juli 1948 als Nachfolger von Hans Winkler zum Bürgermeister von Rethen gewählt. Dieses Amt hatte er jedoch nur für wenige Monate inne. Nach der Gemeindewahl im November 1948 wurde Karl-Kurt Karwath zum neuen Bürgermeister ernannt.

Im September 1948 erreichte die Rethener Gemeindeverwaltung ein Brief von der Abrüstungs-Abteilung der britischen Militärregierung in Hannover. Darin wurde der Gemeindevorsteher aufgefordert, das beiliegende Formblatt auszufüllen. In vielen Fällen wurde das Antwortschreiben nicht als Kopie in der Akte abgelegt, sodass die Kommunikation zwischen verschiedenen Stellen häufig nur einseitig nachvollziehbar ist. In diesem Fall ist das Formblatt glücklicherweise ausgefüllt archiviert: Demnach gab es in Rethen im Herbst 1948 weder Geschützstände, Scheinwerfer-Stellungen und Schießstände noch Lager oder Sammelplätze für Kriegsmaterial. Gemeldet wurden hingegen drei Luftschutzbunker – einer im Gemeindepark, einer auf dem Schulhof und der dritte in der Peiner Straße. Ferner gab Bürgermeister Walter Günter fünf Einmannbunker mit dem jeweiligen Standort an, darunter einer beim Kohlensäurewerk. Bei der Frage nach herrenlosem Kriegsgerät wie Geschützen oder Panzern wurden weniger spektakuläre Gegenstände gemeldet: In der Kirchgasse befanden sich verschiedene Bauteile von sogenannten Horchgeräten[2] und ein Fahrgestell vom Scheinwerfer[3].


[1] Teilweise wird auch noch die Demontage dazugezählt und von den fünf „D“ gesprochen.
[2] Dabei handelte es sich um militärische Aufklärungsmittel.
[3] Vermutlich ein Suchscheinwerfer zum Aufspüren von feindlichen Flugzeugen.

 

  • Die Ortsbesichtigung in Ingeln 1902

    „Bei Gelegenheit der neuerdings durch den Herrn Kreisarzt Dr. Becker vorgenommenen Ortsbesichtigung in Ingeln hat sich ergeben, daß zahlreiche Mist- und Dungstätten insofern in mangelhaftem Zustande sich befinden, als bei denselben ...
    [mehr]

  • Gedenkorte in Laatzen

    Das Ehrenmal in Gleidingen

    Am zweiten Sonntag vor dem 1. Advent finden in Laatzen (und in vielen anderen Städten und Gemeinden in Deutschland) anlässlich des Volkstrauertages seit vielen Jahren öffentliche Gedenkveranstaltungen statt. 2020 und 2021 verzichtete ...
    [mehr]

  • Die tödlichen Folgen des „Fringsen“

    „Trotzdem mein Mann nie abends fortgegangen ist, sagte er mir am gestrigen Abend, dass er die Absicht habe, bis zum Güterbahnhof zu gehen, um evtl. etwas Kohle zu beschaffen. Etwa um 23.00 Uhr verliess er die Wohnung und ist nicht mehr ...
    [mehr]

  • Die Hungerkrise nach dem Zweiten Weltkrieg

    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Probleme des täglichen Überlebens zu einer prägenden und kollektiven Grunderfahrung eines großen Teils der deutschen Bevölkerung. Mit der Wohnungsnot haben wir uns in dem Archivfund des ...
    [mehr]

  • Badebetrieb im Zweiten Weltkrieg

    „Um in jedem Falle die Aufrechterhaltung des Badebetriebes, der zur Gesunderhaltung und Widerstandskraft des deutschen Volkes dient, sicher zu stellen, bitte ich, falls Schwierigkeiten betreffs des Personals bestehen sollten, mir die ...
    [mehr]

  • Impfungen und Infektionsschutz in der Nachkriegszeit in Oesselse

    Die Schüler sind im Unterricht auf die Notwendigkeit allgemeiner und körperlicher Hygiene wiederholt hinzuweisen (z.B. gründliches Händewaschen nach jeder verrichteten Notdurft und vor jedem Essen; Genuss nur gewaschenen Obstes ...
    [mehr]

  • Archivpflege im Dritten Reich

    Ausblick auf die Archivlandschaft in Niedersachsen

    „Der Landkreis Hannover beabsichtigt, über alle in den Gemeinden lagernden alten Akten und Urkunden ein Verzeichnis aufzustellen. Dabei kommen Schriftstücke jeder Art in Betracht, die Auskunft geben über das Leben und Treiben ...
    [mehr]

  • Flüchtlingsbetreuung in Grasdorf

    „Mein letzter Wohnort – Gollnow/Pom[mern] – liegt in der an Polen abgetretenen Zone. Meine Ehefrau ist im Juni dieses Jahres ein Opfer der Krieger geworden. Meine Eltern ziehen heimatlos in der von den Russen besetzten Zone ...
    [mehr]

  • Grundsteinlegung, Richtfest und Einweihung des Leine-Einkaufszentrums

    „Durch seine einzigartige Verbindung von Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungsbetrieben, Wohnungen, ergänzt durch kommunale Einrichtungen wie Rathaus und Bürgerhaus sowie Post und Heizwerk, entsteht an dieser Stelle ein neuer ...
    [mehr]

  • Verhandlungen über den Zusammenschluss der Gemeinden Laatzen und Grasdorf

    „Da unser Kreis durch die verschiedenen von der Stadt Hannover durchgeführten Eingemeindungen im Bestande und im Zusammenhange erheblich geschwächt ist, außerdem für die Vorortsgemeinden nach wie vor die Gefahr besteht von ...
    [mehr]