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Ein Ausschnitt des Amtsblatt

Der Anschlag auf das Verlagsgebäude des amtlichen Mitteilungsblattes „Unsere Stadt“

„Es ist bezeichnend, daß die Täter ganz offensichtlich nicht in der Lage sind, gegen die SPD sachliche Argumente vorzubringen, sondern statt dessen heimtückische Anschläge verüben. Ja sogar die Sippenhaftung, wie das im Dritten Reich möglich war, scheint hier Durchbruch zu finden. Die Laatzener SPD appelliert an alle Mitbürger, sehr wachsam zu sein. Wer Gewalt gegen Sachen verübt, schreckt auch nicht vor Gewalt gegen Personen zurück. Dem Terror der Polit-Kriminellen in unserem Gemeinwesen muß ein Ende gemacht werden.“

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juni 1983 wurde zum zweiten Mal ein Anschlag auf das Verlagsgebäude des amtlichen Mitteilungsblattes „Unsere Stadt“ in der Hildesheimer Straße 133 verübt. Stadtdirektor Erich Panitz berichtete in der folgenden Ratssitzung zu den Vorfällen und die Fraktionsvorsitzenden gaben politische Erklärungen ab. Demnach waren die Täter an mehreren Orten am Werk gewesen. Auf die Wohnbereiche von Bürgermeister Horst Lecke, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Hacker, dem SPD-Ortsratsmitglied Rolf Brönstrup und der Mutter vom SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Hans Lehnert wurden die Aufschriften „SPD-Sau“ aufgesprüht. Das Verlagsgebäude an der Hildesheimer Straße 133 wurde unter Wasser gesetzt und ebenfalls mit Schmierereien versehen. Zudem wurden zwei Satzgeräte gestohlen. Stadtdirektor Panitz erhielt ein doppelseitig besprühtes Plakat mit verschiedenen Sätzen, u.a. hieß es: „Heute Nacht ist die Leine übergelaufen in der Hildesheimer Straße 133“.

Für die CDU-Fraktion äußerte sich ihr Vorsitzender Jürgen Gansäuer in der Ratssitzung. Darin erklärte er u.a.: „Die Parolen und die Art und Weise der Beschmierungen erinnern uns fatal an die dunkelsten Jahre deutscher Geschichte. Über alle politischen und parteipolitischen Überzeugungen hinweg sind wir aufgerufen, solchen Erscheinungen mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.“ Daher setzte die CDU-Fraktion für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, eine Belohnung von 500 DM aus. Auch SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Hacker – selbst Opfer der Anschläge – zog in dem diesen Beitrag einleitenden Zitat eine Parallele zum Dritten Reich. Zudem hob er hervor, dass sich die Laatzener SPD auch durch individuellen Terror gegen einzelne ihrer Mitglieder nicht von ihrem geradlinigen Kurs abbringen lasse. Die SPD hatte für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, eine Belohnung von 2000 DM ausgesetzt. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Ferdinand Tantzen äußerte sich in der Ratssitzung ebenfalls entsetzt über die Taten, die eine eigentümliche Mischung zwischen Extrem-Politik und Irresein offenbar zum Ausdruck brächten.

Durch den Anschlag konnte die letzte Ausgabe des amtlichen Mitteilungsblattes vor den Sommerferien nicht hergestellt werden. Gedruckt wurde am 24. Juni 1983 lediglich eine „Notausgabe“ mit den nach der Hauptsatzung abzudruckenden amtlichen Bekanntmachungen. Doch auch nach der Sommerpause lag am 5. August 1983 erneut eine Ausgabe des amtlichen Mitteilungsblattes vor, die im Wesentlichen nur die anstehenden und erforderlichen Bekanntmachungen der Stadt Laatzen enthielt. Offensichtlich war der Schaden größer als zunächst angenommen. Aufgrund der beiden Einbrüche in die Verlagsräume und dem dadurch entstandenen Gesamtschaden von 300.000 Mark war der Verlag technisch nicht mehr in der Lage, das amtliche Mitteilungsblatt herzustellen. In einer Sondersitzung hatte sich der Verwaltungsausschuss in der Woche zuvor mit der Thematik, der rechtlichen Würdigung und den künftigen Perspektiven zur Herausgabe des amtlichen Mitteilungsblattes beschäftigt. Eine abschließende Regelung wurde nicht getroffen, die Fraktionen sollten noch über die Angelegenheit beraten. Bis dahin konnten bis auf Weiteres die Nachrichten aus den Vereinen, Organisationen und Institutionen sowie die Familien- und Geschäftsanzeigen nicht veröffentlicht werden.

Zu diesem Zeitpunkt blickte das amtliche Mitteilungsblatt „Unsere Stadt“ schon auf eine 30-jährige Geschichte zurück. Die erste Ausgabe erschien vor genau 70 Jahren – am 20. Februar 1953. Damals noch unter dem Titel „Unsere Gemeinde. Gemeinsames amtliches Mitteilungsblatt der Gemeinden Laatzen – Grasdorf – Bemerode und Hemmingen-Westerfeld“. Das Mitteilungsblatt war eine Reaktion auf „Klagen der Bürgerschaft […], daß der lebendige Kontakt zwischen Rat und Verwaltung einerseits und der Einwohnerschaft andererseits fehle“. Das Mitteilungsblatt sollte „Wandel schaffen und zur aktiven Mitarbeit im Gemeindeleben anregen.“ Zudem gab es der Geschäftswelt die Möglichkeit, ihre Angebote allen Einwohnern des Verbreitungsbezirks nahezubringen. Die Bürger wiederum konnten ihre Familienanzeigen oder Kauf- und Verkaufswünsche einem großen Kreis von Lesern bekanntgeben. „Unsere Gemeinde“ sollte „alle amtliche Bekanntmachungen, einen Terminkalender der Kirchen, Parteien und Vereine, standesamtliche Nachrichten, die wichtigsten Vorfälle aus den Gemeinden, Familienanzeigen und Geschäftsangebote“ veröffentlichen. Zudem war eine „Meckerecke“ vorgesehen, in der Wünsche, Vorschläge, Anfragen und Kritiken aus der Bürgerschaft aufgenommen wurden. Die erste Ausgabe vom 20. Februar 1953 wurde jedem Haushalt kostenlos zugestellt. Die folgenden Exemplare konnten alle 14 Tage, freitags, zum Preis von 5 Pfennig bezogen werden. Herausgegeben wurde „Unsere Gemeinde“ vom Laatzener Gemeindedirektor Hans Winkler.

Ab der zweiten Ausgabe am 6. März 1953 war auch die Gemeinde Rethen vertreten, wohingegen die Gemeinden Hemmingen-Westerfeld und Bemerode im Laufe des Jahres 1953 wegfielen, da sie fortan eigene amtliche Mitteilungsblätter herausgaben. Mit der Ausgabe vom 29. Juli 1960 wurde Stadtdirektor Erich Panitz (damals noch Gemeindedirektor) Herausgeber des amtlichen Mitteilungsblattes und für den gesamten Inhalt verantwortlich. Den Titel „Unsere Gemeinde“ behielt die Reihe auch nach dem Zusammenschluss der Gemeinden Laatzen und Grasdorf 1964 sowie der Stadtwerdung Laatzens am 21.06.1968. Mit der Ausgabe vom 05.07.1968 hieß es dann „Unsere Gemeinde. Gemeinsames amtliches Mitteilungsblatt der Stadt Laatzen und der Gemeinde Rethen“. Der Umfang des Mitteilungsblattes wuchs über die Jahre und Jahrzehnte hinweg an. Umfassten die ersten Exemplare noch bescheidene vier Seiten, hatte die Weihnachtsausgabe 1972 bereits 40 Seiten. Zum 20-jährigen Jubiläum 1973 blickte man stolz auf das Geleistete zurück: „Das gemeinsame Mitteilungsblatt ‚Unsere Gemeinde‘ ist in den zwanzig Jahren ein echtes Bindeglied zwischen der Bürgerschaft und Rat und Verwaltung in der Stadt Laatzen und der Gemeinde Rethen geworden. Durch die umfangreiche Berichterstattung aus dem kommunalen Leben und durch die amtlichen Bekanntmachungen wird die Bevölkerung laufend über das Geschehen in den Kommunen unterrichtet. Auch weiterhin will dieses amtliche Mitteilungsblatt zur tatkräftigen Mitarbeit in unserem Gemeinschaftsleben anregen. Wir wollen aber nicht nur berichten, sondern auch Rechenschaft geben, damit unsere Bürger die Arbeit von Rat und Verwaltung beurteilen und wenn nötig auch kritisch Stellung nehmen können.“

Mit der Ausgabe vom 01.03.1974 bekam die Reihe ein neues Gesicht. Nun hieß sie „Unsere Stadt. Amtliches Mitteilungsblatt der Stadt Laatzen“. Bereits seit Beginn des Jahres 1974 wurde die Zeitung in den nun zur Stadt Laatzen gehörenden Ortschaften Gleidingen, Ingeln und Oesselse herausgegeben. Nachdem der Verlag wegen der Anschläge Ende 1983 nicht mehr in der Lage war, das amtliche Mitteilungsblatt herzustellen, entschloss man sich, einen neuen Weg zu gehen. Mit der Ausgabe vom 04.01.1984 wurde „Unsere Stadt“ als Beiblatt der „Stadtzeitung. Wochenzeitung für die Stadt Laatzen mit den Ortsteilen Laatzen-West, Laatzen-Mitte, Grasdorf und den Ortschaften Rethen, Gleidingen, Ingeln-Oesselse“ herausgegeben. Die „Stadtzeitung“ wurde bereits seit Mai 1981 wöchentlich von Wilhelm Salach verlegt. Ende 1998 wurde dann jedoch, nach diversen Veränderungen im Erscheinungsbild und in der Organisation, die Herausgabe der „Stadtzeitung“ aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. Ab 1999 wurde das amtliche Mitteilungsblatt „Unsere Stadt“ Teil der vom Hannoverschen Wochenblatt herausgegebenen„Laatzener Woche“. 

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